Die Bedeutung der Motivation für die Meditationspraxis

von Andreas Ziörjen

Für wen eignet sich Meditation? Es gibt unzählige praktische oder auch intuitive Gründe, mit Meditation zu beginnen. Jedoch wird die meditative Erfahrung zumindest am Anfang oft auch von unserer Motivation zum Einstieg „gefärbt“. Deshalb ist es trotz dem in der konkreten Übung zentralen Verzicht auf Leistungs- und Ergebnisorientierung sehr hilfreich, uns zunächst einmal unsere Situation und die uns (zumindest oberflächlich) antreibenden Gründe ins Bewusstsein zu bringen. Dies ist bereits ein erster Schritt der Achtsamkeit uns selbst gegenüber und hilft erstens bei der Auswahl der im Moment „richtigen“ Techniken wie auch bei der Interpretation der auftretenden Resultate. Hier Klarheit zu gewinnen dient ebenfalls als Motivator zur konsequenten Übung, die Voraussetzung für alle, auch die einfachsten (nachhaltigen) Effekte der Meditation ist.

 

Mögliche Ziele und Wirkungen der Meditation nach Ulrich Ott („Meditation für Skeptiker“), gegliedert in fünf Tiefenbereiche:

 

  1. Hindernisse: Unruhe, Langeweile, Motivations-/Konzentrationsprobleme
  2. Entspannung: Wohlbefinden, ruhige Atmung, wachsende Geduld, Ruhe
  3. Konzentration: Achtsamkeit, kein Anhaften an Gedanken, innere Mitte, Energiefeld, Leichtigkeit, Einsichten, Gleichmut, Frieden
  4. Essentielle Qualitäten: Klarheit, Wachheit, Liebe, Hingabe, Verbundenheit, Demut, Gnade, Dankbarkeit, Selbstakzeptanz
  5. Nicht-Dualität: Gedankenstille, Einssein, Leerheit, Grenzenlosigkeit, Transzendenz von Subjekt und Objekt

 

Weitere mögliche Gründe für den Beginn einer Meditationspraxis:

 

  • weniger gestresst sein
  • aus uns selbst glücklich werden (Dusana Dorjee: eudaimonic vs. hedonistic happiness)
  • uns selbst besser kennenlernen
  • besser mit Schmerz umgehen können (eines der Ziele der MBSR-Methode)
  • uns besser konzentrieren können
  • besser schlafen können
  • mehr in Einklang mit uns selbst sein
  • achtsamer mit uns selbst und anderen umgehen
  • eine Psychotherapie unterstützen (eines der Ziele der CSM-Methode, natürlich nur geeignet unter Begleitung einer medizinischen Fachperson)
  • auch wenn es uns heute gut geht, uns auf die früher oder später auf uns zu kommenden Leiden wie Alter, Krankheit, Tod vorzubereiten
  • die Frage nach dem Sinn des Lebens für uns selbst zu beantworten
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Nicht zu unterschätzen ist auch die Motivation hinter dem oberflächlichen Ziel – es macht einen konkreten und spürbaren Unterschied in der Praxis, ob wir zum Beispiel das Ziel „Glücklich sein“ aus rein eigennützigen Beweggründen wählen, oder ob wir uns bewusst machen können, dass wir in einem glücklicheren, ausgeglicheneren Zustand auch für unser Umfeld eine positivere Wirkung entfalten können.

 

In den Traditionen des Mahayana-Buddhismus legt man zum Beispiel üblicherweise grossen Wert  darauf, zu meditieren, um letztlich auf einer ganz grundsätzlichen Ebene (wenn auch vielleicht nicht unmittelbar) allen Lebewesen dadurch zu dienen – das heisst auf eine ethische Grundhaltung.

Die Pyramide der Bewusstseinsschulung nach Dusana Dorne
Die Pyramide der Bewusstseinsschulung nach Dusana Dorne

Die amerikanisch-tibetische Meditationslehrerin Dusana Dorjee nennt denn auch die "Richtige Motivation" als das Fundament aller Bewusstseinsschulung. Dessen, wie auch der Bedeutung der persönlichen Philosophie sollten wir uns auch in der westlichen Meditationspraxis wieder bewusster werden, ohne allerdings dabei ins Moralisieren zu verfallen. In der Meditation geht es nie um Bewertungen, immer um Wahrnehmung und Entwicklung.

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